Das Ende des bürgerlichen Trauerspiels
Der Berliner Regisseur Benjamin Zock entdeckt verschüttete Theaterstoffe für die Gegenwart
Mit bitterem Humor übersteigert Zock die sexistischen und individualistischen Beziehungsmechanismen in der bürgerlichen Gesellschaft. Wenn er so verschüttete Stoffe entblättert, drückt sich darin die epische Grundhaltung aus: „Es kann so kommen, es kann aber auch ganz anders kommen.“
Lara Wenzel, Theater der Zeit, 2021
Dieses Theater nimmt die Bundestagswahlen mit Hunor
Das Spartakiaden-Komitee simuliert eine Wahl, in der sich die Parteien im sportlichen Wettkampf gegenüberstehen und sich im Zehnkampf in verschiedensten Disziplinen duellieren (…) Nach offizieller Eröffnungszeremonie samt Fackelträger und kurzer Erwärmung frei nach dem Motto „Turne bis zur Urne“ begleitet das Komitee durch die einzelnen Disziplinen des Festes.
Nordkurier, 2025
Der Osten hat dem Westen eine Wende voraus
„Wenn wir uns äußern, dann künstlerisch“, sagt Nicke. „Nicht reflexhaft, sondern reflexiv.“ In der Corona-Zeit hat Nicke vom Dach des Theaters aus Gedichte, keine Pamphlete gelesen, um auf die Einschränkungen für die Kunst aufmerksam zu machen. Auch hat er sich mit dem jungen Dramaturgen Benjamin Zock überlegt, wie sie mit der Aufführung der „Correctiv“-Recherche im Theater umgehen. Sie entschieden sich für die öffentliche Lesung und Diskussion eines historischen Streitgesprächs zwischen dem linken Theatermacher Erwin Piscator und dem Nazi-Demagogen Joseph Goebbels, der Abend war gut besucht.
Jakob Hayner, Die Welt, 2024
Offenes Foyer
Gregor Gysi diskutiert emotional über Krieg und Frieden
Offenbar hatten die Uckermärkischen Bühnen ins Schwarze getroffen mit ihrem Angebot zu dieser Gesprächsrunde. (…) Diese Frage bewegt die Menschen, das zeigten die vollen Zuhörerreihen, zumal gerade in Schwedt angesichts des von der Bundesregierung diktierten Embargos gegen russisches Erdöl die Nerven blank liegen.
Eva-Martina Weyer, Nordkurier, 2024
Uckermärkische Bühnen Schwedt: Sex im F8
„Die Legende von Paul und Paula“ von Ulrich Plenzdorf in einer Spielfassung von Benjamin Zock
Falls man als Kritiker wirklich Vibes im Publikum fühlen und interpretieren kann, geht dieses hier nicht nur über einen flauschigen Teppich der Nostalgie, sondern beschäftigt sich auch mit der Frage, warum ist das, was war, heute das, wie es war. Da transzendiert dieser offenbar immer neu auszureizende Stoff (…) zu den großen Fragen jenseits von Ostfrust und Mitklatschlust.
Thomas Irmer, Theater der Zeit, 2024
Noch gibt es kein Bier in Büchsen
„Die Legende von Paul und Paula“ feiert Uraufführung in Schwedt
Regisseur André Nicke und Ausstatterin Stephanie Dorn haben es perfekt verstanden, eine Welt auf der Bühne zu erschaffen, die die Zuschauer direkt in die 70er zurückbeamt und gleichermaßen aber so jung und frisch wirkt wie die von Benjamin Zock neu erzählte Geschichte. Hier ist nichts angestaubt. Gemessen an dem Film wurde zwar vieles übernommen, aber doch gänzlich neu geschaffen (…) Eine wunderbare Idee von Zock war es ebenso, einem Erzähler viel Raum zu geben. (…) Das Konzept »bekannter Film trifft auf bekannte Lieder« klingt erst einmal sehr einfach und erfolgsversprechend, doch bei weitem nicht jeder Zuschauer ist alt genug oder aus der DDR – von daher Hut ab vor der Leistung, alles so in die Jetztzeit zu bringen, dass die Zuschauer alle, unabhängig von Herkunft oder Alter, gleichermaßen berührt wie auch beeindruckt waren!
Sabine Haydn, Blickpunkt Musical, 2024
Stabilisiert und auf Tour im ländlichen Raum
Das Theater am Rand im Oderbruch erweitert seine Horizonte
Die Zeiten werden turbulenter, aber der Ideenreichtum nimmt zu. Das Theater am Rand arbeitet mittlerweile mit neuen Regisseur:innen und (…) den Anfang machte der Berliner Regisseur Benjamin Zock. Im Doppelabend „Rudimentär | Die Marmeladenesser“ erkundet er das häusliche wie das gesellschaftliche Elend und operiert mit zahlreichen Gegensatzpaaren. (…) Die Erzählung [Die Marmeladenesser], erstmals für das Theater bearbeitet, entpuppt sich trotz Jahnns zuweilen archaischer Sprache als ein verblüffend aktuelles Diskursstück mit einem ideologischen Spektrum von reaktionären Europagegnern über Antikolonialisten, Antikapitalisten und radikalen Hedonisten bis hin zu religiösen Schwärmern. (…) Zock hat ein Händchen für lokale Themen mit Ausstrahlung.
Tom Mustroph, Theater der Zeit, 2023
Dieses Autokino war schon zu DDR-Zeiten Kult
Theater im Freiluftkino
Es ist ein Spätsommerabend wie er im Buche steht. Kein Lüftchen weht. Ideal für eine besondere Aufführung in dem Kult-Autokino, das in der DDR das erste seiner Art war. (…) „Theater trifft Film“, heißt es an diesem Abend. Eine nie dagewesene Premiere erwartet das Kino-Publikum. (…) Live gespielt und mit entsprechender Kamerabegleitung auf die Leinwand projiziert, von der man hört, dass sie die größte im Nordosten ist. (…) Und dann kamen sie auch schon, die überdimensionalen Bühnenbilder, der Ton wurde übers Autoradio übertragen: im Fokus Gesichter, ein Kühlschrank, kuriose Gespräche, dann eine Couch, Bettszene und nach der Pause eine schleichend herbeigeführte, tiefgründige Abhandlung über den Weltfrieden und Europas Rolle darin. Welche Aktualität in einem so betagten Stück!
Elke Enders, Nordkurier, 2023
Verkehrte Welt
Möbel- und Monsterdarsteller unterwegs: Das Clownsstück »Hinz und Kunz« bringt Bertolt Brecht und Heiner Müller in die ostdeutsche Provinz
Hinz und Kunz, die deutschen Jedermanns, die hier wie Harlekin oder Hanswurst als karnevaleske Strukturfiguren fungieren sollen, schlüpfen in der einstündigen Aufführung in neue Rollen und laufen in pantomimischen Szenen und Slapstick-Einlagen über den Platz. Die Aufführung basiert auf zwei Dramen, aus denen die Darsteller Szenen spielen. Es geht ums gleiche Sujet der komischen Verkehrung: Es gibt den einen, der herrscht, und den anderen, der diese Autorität auf die Probe stellt.
Lara Wenzel, nd, 2022
Politisches Theater in seiner heitersten Form
Zwei Clowns mit Hosenträgern, weißgeschminktem Gesicht und einer Mimik, die alle Emotionen auslotet: Das ist die perfekte Besetzung für einen launigen Sommerabend – möchte man meinen. Texte von Bertolt Brecht und Heiner Müller wiederum lassen dagegen sperrige Kost vermuten und einen Theaterabend, der eher intellektuellen Schöngeistern und arrivierten Theaterfans in den Metropolen schmeckt. Aber Flecken Zechlin? Das lauschige Touristenörtchen, in dem das Zeltkino Blockbuster zeigt, aber politisches Theater eher ein Fremdwort ist? Wie man sich täuschen kann. Gut 80 Zuschauer – die meisten gewiss keine Jünger Brechts oder Müllers – sind (…) gekommen, um dem Spektakel beizuwohnen. Und haben mehr als recht getan. Denn was Regisseur Benjamin Zock für die beiden wunderbaren Mimen Rahul Chakraborty und Luise Grell inszeniert hat, ist ein launiges Sommervergnügen – mit Witz, Slapstick und einem großen Schuss Commedia dell’arte-Feeling. Aber auch Tiefgang, der jedoch kein bisschen belehrend oder dozierend wirkt.
Regine Buddeke, MAZ, 2022
Das Verlockende an der Sache ist nicht Adlershof
Nun haben die Berliner Akademie der Künste (…) und das Theater Ost auf Initiative von Benjamin Zock einen Thementag zur Seghers veranstaltet (…). Den Auftakt bildeten Führungen durch die an Büchern volle Wohn- und Arbeitsstätte. In der Tat sind Umgebung und die beschaulichen Räumlichkeiten eher unspektakulär – anders als die literarischen Schätze, die hier zu heben sind.
Erik Zielke, nd, 2022
Wenn die roten Fahnen wehen
Eine Berliner Theatergruppe bespielt mit »Die Fahne von Kriwoj Rog« in Sachsen-Anhalt den öffentlichen Raum
Die fast widerspruchsfreie antifaschistische (…) Haltung der Inszenierung könnte auf den ersten Blick auch eindimensional wirken. Eben jene Klarheit erzwingt aber die Selbstverortung, die schon während der Aufführung im Publikum zu brodeln beginnt. Entlang der bekannten Vorgänge, die weder einfühlend noch als historistische Folklore wiederholt werden, reiben sich die Fragen der Gegenwart.
Lara Wenzel, nd, 2021
Berlin: Nachrichten von einer untergegangenen Non-profit-Ökonomie
Acker Stadt Palast: „Die Aufgabe“ (UA) von B. K. Tragelehn
Doch überzeugt der Abend durch Frische und Einfallsreichtum; eine szenische Intelligenz, der man weiteren Spielraum wünscht, bricht sich Bahn und spannt Erwartungen auf ein Weiterarbeiten, für das sich in Berlin hoffentlich räumliche Möglichkeiten bieten werden.
Friedrich Dieckmann, Theater der Zeit, 2018